Ich stelle mir vor, mich so anzunehmen, wie ich bin und meinen Körper,
meinen Geist und meine Seele als das großartige Geschenk zu würdigen, das
mich ausmacht. Ich stelle mir vor, dass alle Menschen sich mit der Welt, mit
Anderen und der Natur verbunden fühlen und wir uns deshalb darum bemühen,
nichts und niemanden zu schaden. Ich stelle mir vor, mich an der Kraft zu
erfreuen, die ich habe, weil ich der Liebe vertraue, weil ich anderen vertraue und
mir selbst vertrauen kann.
Ich stelle mir vor, welche Energien wir alle freisetzen können, wenn wir
aufhören gegeneinander zu kämpfen und misstrauisch, neidisch oder ängstlich
zu sein. Stattdessen würden wir unsere Kraft gemeinsam auf das richten, was
wir wirklich wollen!
Ich habe einen Traum, den ständigen Kampf mit meinem Nachbarn aufzugeben
und stattdessen wohltuende Begegnungen zu erleben.
Wenn wir uns umsehen, bestimmt aber nicht grade die Liebe unsere Welt.
Mein Nachbar beispielsweise hat die unangenehme Angewohnheit,
unaufgefordert in meinem Garten aufzutauchen, wenn ich dort entspannt
arbeiten möchte.
Hände in den Taschen, Brust rausgestreckt, ertönt seine barsche Stimme: „Wann
kommt denn wohl endlich mal das Holz hier weg?“, oder auch „Putzt ihr eure
Fenster überhaupt mal?“, „Der Wagen hat hier aber nichts zu suchen. Wenn der
nicht bald wegkommt, dann ruf ich bei der Polizei an.“ Es gibt noch andere
ebenso unerfreuliche Variationen. Viele Menschen kennen solche Nachbarn und
wissen, wovon ich spreche. Ich habe mich redlich bemüht, klärende Gespräche
zu führen, – was auch kurzfristig funktionierte – komme aber trotzdem kaum
dagegen an, eine Abneigung gegen ihn aufzubauen. Wenn ich ihn nur von
Weitem auf der Straße sehe, versuche ich, ihm auszuweichen, warte oft sogar
einen Moment bis er weg ist. Ich schließe auch die Gartentür ab, obwohl ich ein
Freund offener Türen bin, nur um diesen Begegnungen zu entkommen. Ich
könnte diese Liste noch weiterführen. Was mir aber noch zusätzlich passiert, ist
noch viel schlimmer. Ich beschäftige mich dauernd mit ihm! Das verdirbt mir
manchmal dauerhaft die gute Laune und verhindert einen nahen Kontakt zu mir
selbst und zu andern. Das ist ein hoher Preis!
Ich bin nicht bereit, diesen Preis zu zahlen!
Aber was wäre die Alternative? Wegziehen? Noch mehr Grenzen ziehen oder
selbst mit Drohungen reagieren? Das sind alles keine verlockenden
Lebensaussichten. Wie wäre es, wenn ich mich hier für die Liebe entscheide?
Was würde die Liebe tun?
Sobald ich das denke, kommt die Wahrnehmung ins Spiel. Ich stelle fest, der
Nachbar ist nicht „böse“, er will mich nicht einmal verletzen. Er ist nur
ungeschickt und unsensibel, aber nicht wirklich hinterhältig! Auch wenn ich mir